Martin-Luther-Kirche, Oberpfannenstiel
Vom ersten Haus Oberpfannenstiels, einer kleinen Schänke, erbaut 1691, bis zum Kirchenbau war es ein weiter und schwieriger Weg. Erstaunlich, dass die ca. 40 Häusler in den Jahren 1818/19 überhaupt die Kraft hatten, dieses wunderschöne Kirchlein zu bauen.
Getrieben von der Sehnsucht, Stärkung und Trost in harter Zeit zu finden, hoffend auf viel Segen, der von diesem Haus in alle Häuser ausströmen möge, begann man bereits 1797 mit wöchentlichen Sammlungen für den Kirchenbau (Häusler 6, Hausgenossen 3 Groschen). Dieses Engagement hat auch viel Hilfe von Gönnern des Ortes hervorgerufen. 1804 schenkte Henriette Gr. von Schönburg das Grundstück und lies das benötigte Holz in ihren Wäldern für das geplante Bethaus schlagen. Weitere größere Spenden lassen erkennen, dass der Ort mit seiner schönen Kirche ein Lieblingskind des Fürstenhauses war.
Im Juli 1818 wurde der Grundstein gelegt. Dank des künstlerischen Sachverstandes der Fürsten Otto Carl Friedrich und Otto Viktor I. sowie der hochwertigen Arbeit des Zimmerermeisters Lohse aus Lößnitz erhielt die Gemeinde den ersten neugotischen Sakralbau in Sachsen.
Am 17. Oktober 1819 konnte Kirchweihe gefeiert werden. Die Kirche erhielt den Namen des Reformators, Martin Luther. (Das Lutherbild wurde uns im Jahr 2000 geschenkt.)
Ein Großteil der Inneneinrichtung wurde von Freunden des Ortes gestiftet und konnte bis heute erhalten werden, sodass der Raum eine wohltuende architektonische Geschlossenheit ausstrahlt.
Betritt man den hellen, freundlichen Kirchenraum wird der Blick, unterstützt von weichen Linien der Profile, an den Emporen hin zum Kanzelaltar geführt. Die Kolossalordnung der Säulen mit ihren ionischen Kapitellen und der darauf ruhende Dreiecksgiebel sind Zeugen der klassizistischen Stilepoche im Übergang zur Neugotik.
Inmitten einer goldenen Sonne, umrahmt von einem Wolkenkranz, steht wiederum ein Dreieck als Zeichen des dreieinigen Gottes. Darüber strahlt das vergoldete Doppelkreuz, das in seiner besonderen Form als Lothringer- oder Patriarchalkreuz die Aufwärtsbewegung der Linien fortführt.
Nach dem Blick nach oben sehen wir nun auf dem Altartisch Kruzifix, Leuchter und Kelche,
die seit der Kirchweihe zur Feier des Gottesdienstes dienen.
Den Altarraum prägen Taufe und Lesepult , die von unbekannten Meistern geschaffen wurden und zur ursprünglichen Ausstattung gehören. „Heil sey den froh erlebten Tag C.K.F. den = 17 Oktobr: 1819“ steht in der zinnernen Taufschale, die von einem vergoldeten Blütenkelch getragen wird.
Der auferstandene Christus, der das Lesepult prägt, deutet darauf hin, dass das gelesene Wort Gottes auch heute lebendig werden will unter uns.
Drehen wir uns nun um, schauen wir auf die Orgelempore mit der 1995 erneuerten Orgel.
Das erste kleinere Instrument wurde bereits 1843 von einer Steinmüller-Orgel abgelöst. 1907 erweiterte die Fa. Jahn aus Dresden das Prospekt, um weitere Register und ein zweites Manual unterzubringen.
Die pneumatische Orgel „hauchte“ nach knapp 90 Jahren „ihren Geist aus“ und konnte nach Rückbau des Prospektes durch eine einmanualige Schleifladenorgel der Fa. Wünning ersetzt werden - nach dem Vorbild der Steinmüller-Disposition und mit einigen aus dieser Zeit erhaltenen Registern. „Die Orgel hat einen eigenen für ihre Größe (10 Register) überraschend farben- und nuancenreichen Klang, der irgendwie historisierend wirkt, an dem man als Spieler wie als Hörer seine Freude hat und von dem man sich gern inspirieren lässt“, schreibt der Orgelsachverständige.
Die erste Glocke war bereits vor dem Bau der Kirche vor Ort. 1843 kam eine Zweite hinzu.
Diese wurden 1868 durch 2 Glocken der Fa C.A. Jauck aus Leipzig ersetzt. In den beiden Weltkriegen fiel jeweils eine Glocke den Kriegswirren zum Opfer,
sodass heute 2 Glocken verschiedener Gießereien zum Gottesdienst und Gebet einladen.
Eine weitere kleine Taufglocke wurde bei der Elektrifizierung des Geläuts in den 60er Jahren aus dem Turm entfernt.
1881 wurde der Turm erneuert. 1907 stiftete der Männergesangsverein die neue Turmuhr.
Die Fenster konnten 1957 erneuert werden, das Gestühl 1969 im Zuge einer großen Renovierung.
Im Jahr 2000 wurde der hintere Anbau frisch aufgemauert und die Fassade saniert.
Seit der grundhaften Restaurierung und liebevollen Erneuerung bzw. Ergänzung einiger Details im Jahre 2004 erstrahlt unsere Kirche, die manche liebevoll „unser großes Wohnzimmer“ nennen, in neuem, das heißt auch altem Glanz.